Land, Gemeinde und ÖBB haben sich darauf geeinigt, die Westbahnstrecke auszubauen und attraktiver zu gestalten. Im Zuge dessen soll auch der Bahnhof Tullnerbach-Pressbaum
umgebaut, die Schrankenanlage Lawieserstraße geschlossen, der Tunnel Weidlingbach
erweitert und die Auffahrt auf die Lawies ausgebaut werden.
Allerdings sieht es so aus als ob das Projekt „Auffahrt Lawies“ an der Durchführung scheitern würde. Man plante, ohne sich um Bauvorschriften, Flächenwidmungspläne oder
naturschutzrechtliche Vorschriften zu kümmern und vertraute darauf, dass die Politik schon dafür sorgen würde, dass alle hinderlichen Vorschriften rechtzeitig geändert werden.
Da hat man sich allerdings verkalkuliert. Im Gegenteil, die höchstgerichtliche Rechtsprechung stärkte den Schutz von Naturschutzgebieten, was der Bund unterstützt, und das Land schränkte die Gemeinden in ihren Möglichkeiten, Landschaft zu verbauen, ein.
Anstatt die Planung an die rechtlichen Gegebenheiten und die Anrainerbedenken anzupassen, ließen sich die Gemeinde und die ÖBB auf seit 2020 auf mehrere Verfahren ein, die nun vor dem Landesverwaltungsgericht und dem VwGH anhängig sind und noch nicht entschieden sind.
Im Februar 2022 schien es so, dass es auf Initiative einiger Gemeinderäte in Zusammenarbeit mit betroffenen Anrainern zu einem Umdenken kommen würde. Daher saßen Mitte Februar ein Verkehrssachverständiger des Landes Niederösterreich und ein Verkehrsplaner im Auftrag der ÖBB zusammen. Ziel war es, die verkehrstechnischen Erfordernisse für eine leistungsfähige Auffahrt mit möglichst geringem Bodenverbrauch und Waldrodung unter einen Hut zu bringen.
Nach einigen Stunden war eine Lösung gefunden: Die blaue Trassenführung erlaubt die
gewünschte problemlose Begegnung zweier LKW in der Kurve und erfordert nur halb so viel Rodung und Bodenversiegelung wie die alte Trasse (rot).
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Zwei Tage später wurde diese Lösung dem Bürgermeister und weiteren Gemeindevertretern sowie jenen Anrainern, die Einsprüche gegen den ursprünglichen Straßenplan erhoben hatten, vorgestellt. Bürgermeister und Vizebürgermeister waren mit der Lösung einverstanden, und die Anrainer sicherten zu, gegen diese keine Einwände zu erheben. Eine Einigung war erzielt.
Die Zeit drängte, denn für eine Bauführung in den nächsten Monaten musste die erforderliche Rodung bis zum 15. März 2022 abgeschlossen sein. Die Anrainer hatten die Aufgabe übernommen, eine Vereinbarung für die Abwicklung vorzulegen und übermittelten diese am nächsten Tag.
Dann war 5 Tage „Funkstille“, und eine Woche nach der Einigung informierte die Gemeinde
die Anrainer, dass sie „… dem vorgelegten Entwurf der Vereinbarung derzeit nicht nähertreten könne“. Offensichtlich hatten sich Kräfte, die mit dem Kopf durch die Wand und die Verfahren durch alle Instanzen durchfechten wollen, gegenüber den Pragmatikern durchgesetzt.
Damit vergeht wertvolle Zeit die am Ende fehlen wird. Scheitert nämlich die Gemeinde im
Berufungsverfahren, müssen alle Genehmigungsverfahren vom Straßenrecht, Forstrecht,
Umweltrecht und Wasserrecht bis zum Verkehrsrecht, neu abgewickelt werden, was ohne
Zustimmung der Anrainer wieder in Berufungsverfahren und einem lange andauernden
Rechtsstreit enden könnte.
Jenen Bürgern, denen die Umsetzung dieses Infrastrukturprojekts wichtig ist, ist die
Vorgehensweise ein Rätsel. Welches Interesse kann ein Gemeindevertreter daran haben, das Projekt zu gefährden? Oder kommt es doch noch zu einer pragmatischen Lösung, die den rechtlichen Bedenken der Anrainer Rechnung trägt?
BF, 11.4.2022